Essen Sie sich gesund

Essen Sie Lebensmittel, die Ihr Körper braucht.

Spinat stärkt die Augen, Äpfel senken den Blutdruck, Walnüsse die Blutfettwerte, Tomaten schützen vor Krebs. Nach und nach erkennen Ärzte, wie gesund Lebensmittel sind. Was wissenschaftlich bewiesen ist, zeigt der folgende Report.

Nahrungsmittel mit Heilkräften?

110 zu 70 – dieser Blutdruck wäre wünschenswert. 140 zu 90 stellen die Realität dar. Anders die Kuna-Indianer in Panama: Die Ältesten besitzen einen guten Blutdruck. Viele westliche Krankheiten sind ihnen unbekannt. Jetzt hat Professor Norman Hollenberg von der Harvard-Universität das Kuna-Phänomen entschlüsselt: Die Kuna trinken viel Kakao. Darin besteht ihr Gesundheits-Geheimnis!

Mit unseren Kakao-Getränken teilt der Kuna-Kakao nicht viele Gemeinsamkeiten. Die Kuna bevorzugen reinen und bitteren Kakao. „Der enthält besonders viel Epicatechin“, stellte Prof. Hollenberg fest. Der natürliche Pflanzenstoff im Kakao (Flavonoiden-Gruppe) ist so wirksam wie unsere Medikamente. Hollenberg ist sicher, dass der Stoff Epicatechin vor Krebs und Herz-Kreislauf-Versagen schützt. Er verlangsamt das Altern.

Erste Anwendungen in Kliniken

Durch Hollenbergs Studien arbeiten überall Ärzte und Ernährungswissenschaftler zusammen. Wir können uns gesund kochen und essen. Was vor wenigen Jahren noch als ökologische Spinnerei abgetan wurde, wird in Kliniken eingesetzt.

Zum Beispiel in Düsseldorf. Dort arbeitet Dr. Tienush Rassaf als Oberarzt und Forscher an der Herzklinik der Universität. Er weiß um den Zusammenhang zwischen unserem Essen und unserer Gesundheit.

Er hat eine hochinteressante Wirkung von Epicatechin entdeckt: „Es weitet verengte Blutgefäße!“ Rassaf und sein Forscher-Team untersuchten diesen Effekt bei Menschen mit Diabetes Typ 2. Deren Gefäße verengen sich infolge ihrer Krankheit. „Schon nach einem Monat verbesserte sich die Gefäßfunktion unserer Teilnehmer um 30 Prozent“, erzählt Rassaf begeistert. „Auf dieses Ergebnis sind wir sehr stolz! Das Nahrungsmittel wirkt damit besser als Medikamente wie ACE-Hemmer und Cholesterinsenker.“

Keine Vision mehr: Die Apotheke im Kochtopf

Forscher wie Tienush Rassaf denken, dass in vielen Lebensmitteln mehr als bis jetzt gedacht steckt. Weltweit suchen Chemiker, Pharmakologen und Ernährungswissenschaftler nach  diesen Lebensmitteln. Lebensmittel, die helfen, Krankheiten vorzubeugen oder zu heilen.

Die bisherigen Ergebnisse geben ihnen recht: Äpfel senken zu hohen Blutdruck um bis zu 5 Punkte. 2 Tage kürzer dauert eine Erkältung, wenn wir regelmäßig probiotische Joghurts essen. Das „gute“ HDL-Cholesterin nimmt um 5 Prozent zu, wenn wir acht Wochen lang rund 150 g Beeren am Tag essen. Frauen sollten täglich einen Apfel essen und grünen Tee trinken. So senken sie das Brustkrebsrisiko um 46 %.

Bis zu 50 % seltener muss wegen grauen Stars operiert werden, wenn wir viel Kohl, Spinat und Blattsalat essen. Um sagenhafte 22 Punkte sinkt der Gesamtcholesterinspiegel, wenn wir täglich rund 80 g Walnüsse knabbern. Wer viel (mehr als zweimal pro Woche) fetten Seefisch isst, senkt das Risiko für plötzlichen Herztod um den Faktor 10 (!) gegenüber Menschen, die sehr wenig Fisch essen (weniger als 1 Mal im Monat).

Um 60 % sinkt das Prostatakrebs-Risiko, wenn wir sehr viele (10 Mal pro Woche) Tomaten essen, vor allem gekochte, etwa Tomatensoße. All die wissenschaftlichen Daten zeigen: Richtig essen stellt die reinste Medizin dar. Wenn wir wissen, was.

Mehr Gemüse und Obst essen!

Wie wirken Gemüse und Obst medizinisch? In ihnen entdecken die Forscher immer mehr sekundäre Pflanzenstoffe. Sie helfen, Krankheiten vorzubeugen, sie zu lindern und zu heilen.

Und obwohl dies erwiesen ist, nehmen die Menschen viel zu wenig zu sich. „Gerade einmal 1,5 Gramm sekundäre Pflanzenstoffe nehmen die Deutschen im Schnitt pro Tag über ihre Ernährung auf“, sagt Professor Claus Leitzmann von der Universität Gießen. „Doppelt so viel wäre aber besser. Und das schaffen wir nur, wenn wir Tag für Tag mindestens fünf Portionen Gemüse und Obst essen.“

Zu den gesündesten Pflanzenstoffen rechnen Experten wie Professor Leitzmann die sogenannten Flavonoide, zu denen Epicatechin im Kakao zählt. In den Pflanzen selbst, etwa in Beeren, sorgen Flavonoide für die Farbe und den Geschmack, zum Beispiel für bitter.

Blau, gelb, rot, grün – Hauptsache, bunt

Beeren. Die sind für Professor Leitzmann die heimlichen Stars der Lebensmittel-Medizin. Sie enthalten viele Flavonoide. Damit hemmen die Früchte nachweislich Entzündungen im Darm und stören bzw. blockieren die Vermehrung von Krebszellen. „Täglich, aber mindestens 2 bis 3 Mal pro Woche“, sagt Professor Leitzmann, „sollte man Beeren essen.“ Welche, das sei egal.

Bewiesen ist die Gesundheitswirkung von grünem Tee. Hier ist es ein Stoff mit einem kaum aussprechbaren Namen, der Forscher weltweit fasziniert: Epigallo-Catechingallat. Studien zeigen: Risiken für Alzheimer, Krebs und Herz-Kreislauf-Erkrankungen sinken, wenn wir häufiger grünen Tee trinken.

Statt Tabletten: Fisch gegen Rheuma

Für Menschen mit entzündlichem Rheuma (etwa 4 Mio. in Deutschland) in den Gelenken hat Prof. Olaf Adam von der LMU München eine Diät mit viel Fisch und wenig Fleisch entwickelt. „Bis zu 15 Prozent der Betroffenen brauchen dank der Diät keine Medikamente mehr“, sagt Professor Adam stolz.

„Bei den anderen können wir die Dosis der Medikamente im Durchschnitt um ein Drittel senken“ . Es dauert zwei bis drei Monate, bevor die Entzündungen im Körper und die Schmerzen in den Gelenken mit der Fisch-Diät zurückgehen. Die Gesundmacher der Fisch-Diät stellen die Omega-3-Fettsäuren dar. Sie wirken neben Rheuma unter anderem bei schlechten Blutfettwerten, hohem Blutdruck, Herz-Rhythmusstörungen, Schuppenflechte, entzündlicher Darm-Erkrankung und Dickdarmkrebs.

Auch Pflanzenöle (Lein-, Hanf-, Raps-, Soja- und Walnussöl) enthalten Omega-3-Fettsäuren. Es fehlen die gesunden Eicosapentaen- und Docosahexaen-Säuren. Die stecken nur in Hering, Lachs, Makrele, Thunfisch und Sardellen in größeren Mengen. Ein weiteres Beispiel für verblüffende Gesundheitswirkung bedeuten probiotische Lebensmittel, etwa Joghurt.

Joghurt – eine Wunderwaffe?

Der Darm freut sich über die Abermillionen gesunder Bakterien, die ein Becher enthält. Diese Joghurts helfen bei Verstopfung, verringern das Durchfall-Risiko um 60 Prozent, wenn wir beispielsweise Antibiotika nehmen müssen, verkürzen Erkältungen um zwei Tage, die Beschwerden fallen milder aus. Sie unterstützen die Therapie bei Scheiden- und Harnwegsinfektionen und senken das Allergie-Risiko.

Und wenn jemand keinen Fisch oder Joghurt mag? Ausnahmsweise gilt: Konzentrierte Präparate sind genauso gesund. Bei fast allen anderen Stoffen (Flavonoide, Carotinoide, Sulfide) zeigen dagegen die meisten Studien, dass die Substanzen nur gut wirken, wenn wir sie als Lebensmittel essen und nicht isoliert als Tablette oder Kapsel. Grund dafür ist, dass nicht nur ein Stoff wirkt, sondern deren erstaunliche Vielzahl und natürliche Zusammensetzung in den Lebensmitteln.

Wann Kamillentee gefährlich wird

Was gesund ist, kann negative Folgen haben, sogar gefährlich werden. Beispiel: Leinöl, Kamillentee und Kohlgemüse, wenn wir diese parallel zu bestimmten Medikamenten essen oder trinken. Ähnlich gefährlich: Grapefruit. Die Frucht bzw. der Saft daraus hemmt im Körper den Abbau vieler Medikamente, etwa von Cholesterin- und Blutdruck-Mitteln. Das kann dann zu hohen Konzentrationen der Medikamente im Blut führen mit viel zu starker Wirkung.

Andere Lebensmittel dagegen hemmen oder verwässern die teilweise lebensnotwendige Wirkung von Medikamenten, etwa grünes Gemüse den Blutverdünner Warfarin. Experten wie Professor Adam raten deshalb: Fragen Sie immer bei Ärzten und Apothekern nach, ob bestimmte Lebensmittel ein Medikament beeinflussen.

Quelle: plus Magazin 08/2009

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