Zuckeralarm von Kopf bis Fuß – Diabetes ist Nervensache!

Erhöhter Blutzucker kann zu diabetischer Neuropathie führen.

Hoher Blutzucker gefährdet lebenswichtige Organe, denn er schädigt das Nervensystem. Wir klären auf über Risiken und sagen, wie man sie in Schach halten kann.

Vorsicht bei diabetischer Neuropathie

Eigentlich waren es bloß Probleme beim Wasserlassen, die Maria Müller zum Arzt trieben. Der Doktor stellte eine Blasenentzündung fest, verschrieb Antibiotika, machte eine Blutuntersuchung und fragte seine verblüffte Patientin dann: „Frau Müller, wie steht’s mit Ihren Füßen?” Sollte er das Kribbeln und Stechen meinen, das ihr seit kurzem zu schaffen machte und vor allem nachts eine Plage war?

Moment mal, werden Sie einhaken, was zum Kuckuck haben Blase, Blut und Füße miteinander zu tun? Gar nichts, sollte man meinen, doch bei Frau Müller verbirgt sich hinter sämtlichen Beschwerden ein krankhaft erhöhter Blutzuckerspiegel, der die Nerven in Mitleidenschaft gezogen hat. Ärzte sprechen von diabetischer Neuropathie mit Störungen von Kopf bis Fuß, nämlich in allen Organen, die vom Nervensystem gesteuert werden:

Übersicht der betroffenen Organe

Kopf: Sind Hirnnerven betroffen, können Schielen oder hängende Lider die Folge sein. Manchmal sieht man auch alles doppelt.

Herz und Kreislauf: Der Blutdruck kann stark schwanken, das Herz zu schnell, zu langsam oder unregelmässig schlagen. Auch steigen Blutdruck und Puls bei körperlicher Belastung nicht an (und sinken in Ruhesituationen nicht ab). Hinzu kommt: Nerven im Brustkorb können unempfindlich für Schmerzen werden. Ein Herzinfarkt ereilt Diabetiker dann unbemerkt, ohne alarmierende Vorboten („plötzlicher Herztod“).

Handgelenk: Bindegewebe verändert sich und drückt Handnerven zusammen (Karpaltunnelsyndom). Die Finger werden taub und kribbeln, ziehende Schmerzen pflanzen sich bis in den Unterarm fort.

Magen: Das Verdauungsorgan wird träge, verursacht Völlegefühl, Erbrechen, Schluckstörungen. Diabetikern, die Insulin spritzen müssen, droht daraufhin Unterzuckerung, da der Nahrungsbrei verzögert in den Darm und der Anteil Kohlenhydrate verspätet ins Blut gelangt. Obendrein unterdrückt die Nervenschädigung Alarmsignale, die auf Unterzucker aufmerksam machen, wie Schweißausbrüche oder innere Unruhe.

Darm: Seine Eigenbewegung fällt jetzt entweder zu stark oder zu schwach aus – Durchfall bzw. Verstopfung und Blähungen sind mögliche Folgen.

Blase: Harndrang tritt erst auf, wenn die Blase sehr voll ist (Überlaufinkontinenz). Zudem entleert sie sich beim Urinieren nicht vollständig, im Restharn vermehren sich Bakterien, und die Blase entzündet sich. Unbehandelt kann die Entzündung auf die Nieren übergreifen, ohne dass man davon etwas bemerkt, und der Körper wird schlechter entgiftet.

Geschlechtsorgane: Erektionsstörungen und Scheidentrockenheit schmälern die Freuden beim Liebesspiel.

Füße: An den Füßen macht sich die diabetische Neuropathie gewöhnlich zuerst bemerkbar. Der Grund: Die hier mündenden Nervenbahnen sind besonders lang und bieten damit die größte Angriffsfläche. Die Symptome: Entweder sind die Füße hypersensibel, brennen, kribbeln und stechen. Oder man empfindet zu wenig: Die Füße fühlen sich an, als trüge man Strümpfe, und sind taub für Schmerz, Kälte, Hitze. Verletzungen, etwa mit der Nagelschere oder durch Steinchen im Schuh, und Verbrennungen (zu heißes Fußbad!) werden nicht bemerkt. Da Wunden bei Diabetes schlechter verheilen, bilden sich Geschwüre. Offene Stellen gehen bis auf den Knochen – alle 20 Minuten wird in Deutschland ein diabetischer Fuß amputiert.

Tickende Zeitbombe

Macht sich Diabetes durch die beschriebenen Symptome bemerkbar, besteht die Zuckerkrankheit schon länger. Nach zehn Jahren hat fast jeder zweite Diabetiker mit einer Neuropathie zu kämpfen. Dafür verantwortlich machen Mediziner mehrere Ursachen, angefangen mit Zucker- Eiweiß-Verbindungen, die durch zu hohe Blutzuckerwerte entstanden sind und die Funktion der Nerven beeinträchtigen. Zudem können Stoffwechselprodukte, z. B. aggressive Sauerstoffverbindungen („freie Radikale“), Nerven schädigen oder gar zerstören.

Eine diabetische Neuropathie lässt sich nicht rückgängig machen: Wenn die Nerven bereits zerstört sind – kann man sie nicht reparieren. Umso wichtiger, von Anfang an gegenzusteuern und das Fortschreiten der Neuropathie zu stoppen. Das A und O der Behandlung und ebenso der Vorbeugung ist eine optimale Einstellung des gesamten Stoffwechsels – nicht nur hin und wieder, sondern dauerhaft. In Sachen Blutzucker sollte der Nüchternwert unter 126 mg/dl liegen, der Langzeitwert HbA1c darf maximal 6,5 Prozent erreichen. Für die Blutfette gilt: Schädliches Cholesterin (LDL) ist auf 120 zu drücken, die Triglyceride sind ab 150 zu hoch. Der Blutdruck sollte 130 zu 85 nicht überschreiten.

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Quelle: Ratgeber aus Ihrer Apotheke