Biochirugie – Heilen mit Maden, Würmern und Egeln

Ein medizinischer Blutegel kriecht ein Blatt entlang

Mediziner greifen immer öfter zu tierischen Helfern. Diese „Biochirurgen“ wirken besser als herkömmliche Therapien – zum Beispiel bei Geschwüren, offenen Wunden, Rheuma oder Venenleiden.

Zahlreiche Menschen leiden unter chronischen Wunden, die nicht abheilen. Betroffen sind vor allem Diabetiker mit hartnäckige Fußgeschwüren, Patienten mit Venenschwäche („offenes Bein“) und bettlägerige Personen. Das ständige Liegen führt zum sog. Dekubitus: Der dauernde Druck auf bestimmte Stellen zerstört die Haut.

Die klassischen Methoden der Wundbehandlung haben teilweise erhebliche Nachteile. Häufige Verbandswechsel sind schmerzhaft und rufen Blutungen hervor. Das begünstigt Infektionen. Entfernen Ärzte ein Geschwür, droht der Verlust von gesundem Gewebe. Schlimmstenfalls ist eine Amputation erforderlich.

Maden heilen Geschwüre

Biochirurgen können unter Umständen den Verlust von Zehen oder Füßen verhindern. Werden sie rechtzeitig auf die Wunde „losgelassen“, ermöglichen Fliegenmaden eine rasche Heilung – ohne Nebenwirkungen. Goldfliege heißt zum Beispiel eine Gattung, deren Maden ein spezielles Speichelsekret absondern.

Es bewirkt eine vollständige Verflüssigung des toten Gewebes in offenen Beinen oder Fußgeschwüren. Dadurch entsteht eine Art „Nährbouillon“, welche die Maden komplett aufnehmen. Sie entfernen so das Geschwür, ohne gesundes Gewebe zu beeinträchtigen. Gleichzeitig wirken die Biochirurgen antibakteriell und praktisch schmerzfrei. Das einzige Problem für die Patienten: Sie müssen ihren Ekel überwinden.

Würmer lindern Darmentzündungen

Wenig verlockend wirkt sicher die Aussicht, dass Würmer als Biotherapeuten tätig werden. Diese Tiere können ebenfalls hilfreich sein – zum Beispiel bei entzündlichen Darmerkrankungen wie dem Morbus Crohn. Ein bestimmter Parasit, der Schweine-Peitschenwurm, kann das gestörte Immunsystem im Darm so beschäftigen, dass die chronische Entzündung abklingt.

Da der Wurm sich nur im Schwein vermehren kann, ist er für den Menschen harmlos. Er überlebt in unserem Darm nur zwei Wochen. Erste Untersuchungen aus den USA zeigten, dass der Schweinewurm bei den beteiligten Patienten zu einer deutlichen Besserung der Symptome führte. Experten rechnen damit, dass die Therapie demnächst in Deutschland zur Verfügung steht. Bald soll eine große klinische Studie in Europa erfolgen.

Egel helfen bei Rheuma

Zu den Parasiten zählt auch der Blutegel. Seine heilenden Wirkungen waren im antiken Ägypten bekannt. Seit einiger Zeit erlebt der Ringelwurm eine Renaissance – aktuelle Studien belegen seine Wirksamkeit bei rheumatischen Erkrankungen wie zum Beispiel Kniegelenkarthrose. Außerdem kommt der Blutsauger bei Krampfaderleiden, Venenentzündungen, Menstruationsbeschwerden oder Tinnitus zum Einsatz.

Der therapeutische Effekt beruht nicht auf dem minimalen Blutverlust, sondern entsteht durch spezielle Sekrete wie z.B. dem Enzym Hirudin. Der Egel spritzt es in die Wunde. Es bremst die Blutgerinnung und wirkt entzündungshemmend. Das Tier sondert histaminähnliche Substanzen ab, die gefäßerweiternd wirken.

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