Krebserkrankungen – Metastasen im Visier

Eine Krebspatientin nutz ihren Laptop

Um Leben zu retten, erforschen Krebsmediziner den Wandertrieb bösartiger Tumorzellen. Ließe er sich unterdrücken, könnte man lebensgefährliche Tochtergeschwülste, die sogenannten Metastasen, verhindern. Das würde die Heilungschancen Krebskranker massiv erhöhen.

Metastasen sind lebensgefährlich

Drei Worte nur, und die Welt gerät aus den Fugen: „Sie haben Krebs!“ Zum Glück besteht Hoffnung auf Heilung, solange es bei nur einem bösartigen Tumor bleibt und dieser entfernt wird, bevor sich Tochtergeschwülste gebildet haben. Diese sogenannten Metastasen kosten Krebskranken im fortgeschrittenen Stadium das Leben.

Am Primärtumor stirbt man gewöhnlich nicht. Dieser kann abhängig von Sitz und Größe komplett oder teilweise entfernt und dann durch Strahlung unschädlich gemacht werden. Metastasen treten dazu oftmals zu zahlreich auf und haben oft große Teile lebenswichtiger Organe wie Lunge, Leber oder Gehirn befallen. So kann eine Operation kaum mehr in Frage kommen. Darüber hinaus sprechen sie auf Strahlenbehandlung und Chemotherapie nicht immer gut genug an.

Wie bringt es eine Krebsgeschwulst fertig, dass anderswo im Körper ein weiterer Tumor wächst? Und woher wollen Ärzte wissen, dass es sich tatsächlich um Mutter- und Tochtergeschwulst handelt? Und nicht um zwei gleichzeitig gewachsene Krebse, die nichts miteinander zu tun haben?

Erst Dickdarmkrebs, dann Lebermetastasen

Gesunde Zellen sind sesshaft und fest an ihre Nachbarn gekittet. Im Krebsgewebe ist die Bindung jedoch gelockert. Tumorzellen können daher ins umliegende Gewebe hineinwachsen. Sie lösen sich dabei von ihrem Ursprung ab und gehen auf Wanderschaft. Über Blut- und Lymphbahnen breiten sie sich im Körper aus und siedeln sich in Lymphknoten, Organen oder Knochen an:

  • Vorrangig in der Leber bilden Krebszellen aus Magen, Dickdarm und Bauchspeicheldrüse ihre Kolonien.
  • Tochtergeschwülste in der Lunge haben als Absender u. a. Brust- oder Nierenkrebs.
  • Gehirnmetastasen sind Abkömmlinge z. B. von schwarzem Hautkrebs, von Lungen- oder von Brusttumoren.
  • Knochenmetastasen stammen überwiegend von Brust- oder Prostatakarzinomen ab.

Knochen häufig betroffen

Krebszellen befallen die Knochen recht oft, weil ihnen das gut durchblutete Knochenmark ideale Wachstumsbedingungen bietet. Knochenmetastasen verursachen starke Schmerzen. Zudem schwächen sie die Knochensubstanz und machen sie brüchig: Mal forcieren sie ihren Abbau, mal veranlassen sie die Bildung neuer, instabiler Knochenmasse.

Dabei haben wandernde Krebszellen je nach Herkunft eine Art Vorliebe für bestimmte Zielorgane. Das hängt nicht nur damit zusammen, wo die Zellen bei ihrem Bad im Blut- und Lymphstrom zuerst stranden. Entscheidend ist, dort Gewebsstrukturen anzutreffen, die zu den Krebszellen passen, sodass diese andocken. So starten sie ihre Invasion in das fremde Organ und können dort zu den gefürchteten Tochtergeschwülsten heranwachsen.

Hormone und Bisphosphonate

Eine Tochtergeschwulst erkennen Ärzte daran, dass ihr Gewebetyp nicht zu dem des befallenen Organs passt. Dieses Wissen ist wichtig für eine erfolgreiche Therapie: Brustkrebsmetastasen, etwa im Knochen, muss man so behandeln wie den Primärtumor in der Brust.

Eine Anti-Hormon-Therapie kann ihren Wachstum drosseln, indem sie den Wachstumsmotor, das weibliche Geschlechtshormon Östrogen, abwürgt. Zusätzlich in Frage kommt die Behandlung mit Bisphosphonaten. Diese Medikamente bieten neuerdings nicht nur dem Knochenabbau Paroli, sondern können auch den krankhaften Knochenaufbau stoppen.

Leider siedeln manche Tumore sehr früh Krebszellen ab, wenn auf Röntgenbildern noch keine Geschwulst zu sehen ist. Entdecken und entfernen die Ärzte sie später, ist die Metastasierung also längst im Gange. Zu einem großen Teil vernichten Killerzellen des Immunsystems die sogenannten Mikrometastasen, also die wandernden Krebszellen.

Die übrig gebliebenen schlummern auf unbestimmte Zeit im Körper. Eine Saat, die irgendwann aufgehen und zu den lebensgefährlichen Makrometastasen heranwachsen kann. Möglich, dass sie noch 15 bis 20 Jahre nach der Behandlung des Primärtumors auftreten.

Hoffen auf Medikamente

Früherkennung wie Frühbehandlung der Krebskrankheit sind unerlässlich, kommen der Metastasierung aber nicht immer zuvor. Um Leben zu retten und die Krebskrankheit zu heilen, müssen die Mikrometastasen mit ins Visier genommen werden.

Die Chemotherapie kann hier einiges ausrichten. Doch tut weitere Forschung not, um zielsicherer in das Geschehen eingreifen zu können. Das große Ziel der Krebsforschung lautet, die Ausbreitung von Krebszellen zu verhindern.

Inzwischen ist eine Vielzahl der an der Metastasierung beteiligten Stoffe identifiziert. Zu ihnen gehören Enzyme, sogenannte Proteasen, mit denen Krebszellen sich wie mit einer Schere aus dem Primärtumor herausschneiden, um dann ihre verhängnisvolle Reise in den Körper anzutreten. Als Lockstoffe fungieren daraufhin sogenannte Chemokine. Sie lotsen die wandernden Krebszellen zu einem passenden Zielorgan.

Jetzt gilt es noch, Medikamente zu entwickeln, die den Proteasen und Chemokinen in die Quere kommen. So sollen sie der Metastasierung einen Riegel vorschieben. In manchen Fällen ergeben sich verblüffend einfache Lösungen: Eine pflanzliche Zuckerlösung kann Metastasen in der Leber verhindern, indem sie die Andockstellen für Krebszellen besetzt. Die zuckerhungrigen Leberzellen sind für den harmlosen Rivalen genauso empfänglich wie für Tumorzellen, in deren Mantel Zuckermoleküle stecken…

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