Beipackzettel – Jetzt verstehen Sie ihn richtig!

Der Beipackzettel einer Tablettenpackung

70 Prozent der Deutschen verstehen die Beipackzettel von Medikamenten nicht: viele Fremdwörter, Verklausuliertes zu Wechsel- und Nebenwirkungen. Lenz erklärt, warum Sie es trotzdem lesen sollten – und was dahintersteckt.

Viele Menschen reagieren verunsichert auf die Beipackzettel. Die Folge: Medikamente landen ungebraucht auf dem Müll. 4.000 Tonnen Arzneimittel werfen die Deutschen jedes Jahr weg! Ärzte haben Nutzen und Risiko gegeneinander abzuwägen. Die Packungsbeilage handelt den Nutzen oft nur unter „Anwendungsgebiete“ ab. Bei den „Nebenwirkungen“ findet sich ein ganzer Horrorkatalog.

Verständlich, dass da viele einen Schreck bekommen. Warum dann diese Liste? Die Pharmafirmen sichern sich damit rechtlich ab. So vermittelt der Beipackzettel oft ein schiefes Bild von Medikamenten. Trotzdem liefert die Packungsbeilage wichtige Informationen – Lesen Sie sie!

Name des Mittels

Hier verrät der Beipackzettel den Handelsnamen und gibt oft weitere Informationen wie z.B. die Wirkstoffmenge pro Tablette. So enthält „Aspirin 300 mg“ diese Menge vom Wirkstoff Acetylsalicylsäure. Präparate mit der Bezeichnung „forte“ (lateinisch = stark) deuten auf eine hohe Dosierung hin. Die Angabe „mite“ bedeutet eine geringere Menge.

Die Beifügung im Beipackzettel „retard“ (lateinisch = verzögern) oder „depot“ heißt: Diese Arznei müssen Sie nicht oft einnehmen und der Wirkstoff gelangt langsam ins Blut. Die Bezeichnungen „comp“ oder „plus“ deuten auf eine Kombination mehrerer Wirkstoffe hin. Ein Beispiel liefert Aspirin plus C – Schmerzmittel plus Vitamin C gegen Erkältung. „Mono“-Präparate enthalten nur einen Wirkstoff.

Zusammensetzung

Hier geht es im Beipackzettel um den Wirkstoff und wie viel pro Tablette enthalten ist. Sie gibt „sonstige Bestandteile“ an, die den der Wirkstoff einschließen. Dem kommt bei Unverträglichkeiten große Bedeutung zu. Z.B. reagieren Menschen allergisch auf „Parabene“. Der Konservierungsstoff in medizinischen Salben verursacht bei ihnen Hautausschlag.

Achten Sie Anfallsleiden, Leberkrankheiten oder Alkoholproblemen darauf, ob im Beipackzettel unter den sonstigen Bestandteilen kein Alkohol (Ethanol) aufgeführt ist. Vor allem in Tropfen mit Pflanzenextrakten enthalten Ethanol – oft zu 96 Prozent. Dazu zählen z.B. Hustentropfen mit Thymian oder Venentropfen mit rotem Weinlaub. Viele dieser Arzneien erhalten Sie alkoholfrei als Kapseln oder als Tabletten.

Darreichungsform

Wie nehmen wir den Wirkstoff auf? Als Tablette, Kapsel, Dragee, Zäpfchen, Tropfen, Ampulle, Sirup, Salbe, Gel oder Pflaster. Oft gleichen sich die im Beipackzettel angegebenen Darreichungsformen in der Wirkung. Ärzte verschreiben z.B. Hormone gerne als Gel oder Pflaster. Der Weg über die Haut ermöglicht eine geringere Dosierung oder eine bessere Aufnahme (Resorption) zur Schonung des Magens.

Anwendungsgebiet

Dieser Punkt des Beipackzettels erläutert den Nutzen des Präparates. Er gibt an, bei welchen Beschwerden oder Krankheiten es hilft und wofür es zugelassen ist. Im Fachjargon heißt das „Indikation“. Z.B. steht bei Präparaten mit der Wirksubstanz Amitriptylin unter Anwendungsgebieten „depressive Erkrankungen“. Wie in diesem Fall findet oft nur ein Krankheitsbild Erwähnung – obwohl Ärzte wissen, dass diese Medikamente bei anderen Leiden wirksam sind (z. B. zur Vorbeugung gegen Migräne).

Den Patienten verwirrt es, ist ein Präparat laut Beipackzettel für „depressive Verstimmungen“ ausgewiesen und erhält er es bei Migräne. Dazu muss man wissen: Oft kommt die offizielle Zulassung für ein Anwendungsgebiet dem Wissensfortschritt in der Medizin nicht hinterher. Oder den Pharmafirmen ist es zu teuer, für zusätzliche Anwendungen weitere Zulassungen zu beantragen. Sie würden oft zu lange dauern.

Gegenanzeigen

Hier handelt es sich um einen wichtigen Punkt im Beipackzettel: Für wen kommt dieses Präparat nicht infrage? Wer an hier aufgeführten Umstände oder Krankheiten leidet, muss in jedem Fall Rücksprache mit dem Arzt halten und darf das Medikament nur mit Zustimmung verwenden. Unser Rat: Lesen Sie diese Rubrik sorgfältig und fragen Sie im Zweifel nach! Zu beachten sind die Warnhinweise. Diese Gefahr unterschätzen viele.

Viele Arzneimittel beeinträchtigen das Reaktionsvermögen, die Sehschärfe und die Motorik. Wer solche Medikamente nimmt, darf nicht ans Steuer! Die Deutsche Verkehrswacht warnt: Bei jedem vierten Verkehrsunfall sind Medikamente als Mitverursacher im Spiel. Bereits normale Schmerzmittel beeinträchtigen die Fahrtüchtigkeit! Wichtig: Wer unter starkem Medikamenteneinfluss Auto fährt, verliert den Versicherungsschutz! Unter den Warnhinweisen im Beipackzettel finden sich Verhaltensregeln.

Nebenwirkungen

Die hier im Beipackzettel aufgeführten Risiken können bei ordnungsgemäßem Gebrauch auftreten. Kommt es nach der Einnahme zu unerwarteten Beschwerden (Durchfall, juckender Hautausschlag): den Arzt informieren! Das Medikament nicht eigenmächtig absetzen! Selten kommt es zu schweren Nebenwirkungen, z.B. zum lebensbedrohlichen „allergischen Schock“ (Symptome: kalter Schweiß, Benommenheit, Schwindel, Übelkeit oder geschwollenes Gesicht).

Gefährlich ist das Anschwellen der Atemwege. Rufen Sie sofort den Notarzt! Bedenken Sie bei Nebenwirkungen: Es gibt keine Wirkung ohne Nebenwirkungen! Je stärker ein Medikament, desto häufiger treten unerwünschte Begleiterscheinungen auf. Kalte Hände und Müdigkeit beispielsweise sind bei Betablockern gegen Bluthochdruck in Kauf zu nehmen.

Wechselwirkungen

Die gleichzeitige Einnahme anderer Medikamente verstärkt Wirkungen oder nimmt einer anderen wichtigen Arznei die Wirkung. Informieren Sie den Arzt vor der Verschreibung über alle Medikamente. Am besten mit Beipackzettel. Dies gilt auch für Naturheilmittel! So kann das pflanzliche Antidepressivum Johanniskraut die Wirkung von Medikamenten abschwächen. Unter Wechselwirkungen finden sich oft Lebens- oder Genussmittel (Alkohol, Milch, Kaffee).

Dosierung

Hier erfahren Sie, wann, wie viel, wie oft und wie lange Sie das Medikament einnehmen. Der Arzt stimmt die Dosierung genauer auf Person und Krankheitsbild ab. Oft reicht mit zunehmendem Alter eine niedrigere Dosis. Befolgen Sie die Dauer der empfohlenen Einnahme! Es passiert gerade bei Antibiotika, dass Mittel abgesetzt werden, sobald die Beschwerden abgeklungen sind.

Dann leben im Körper die resistentesten Bakterien weiter. Sie vermehren sich nach dem Absetzen oft explosionsartig. Oft wird so aus einer Bronchitis eine gefährliche Lungenentzündung! Die Dosis eines Medikaments auf keinen Fall selbst erhöhen – nach dem gefährlichen Motto „Viel hilft viel“.

Aufbewahrung

Einige Arzneimittel gehören in den Kühlschrank. Andere (Augentropfen) können nur Wochen verwendet werden. Medikamente kühl und trocken aufbewahren. Das Medikament zusammen mit dem Beipackzettel aufbewahren.

Foto: © Henry Schmitt – Fotolia.com