Vitamin A

Verschiedene Heilpflanzen und eine daraus gewonnene Tinktur

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Vitamin A gehört zu den fettlöslichen Vitaminen und ist ein essentieller Wirkstoff für den Menschen.

Der Begriff Vitamin A umfasst Substanzen, die die biologischen Wirkungen von Retinol besitzen. Nur diese Verbindungen umfassen das volle Spektrum der Vitamin-A-Wirkungen, weil sie metabolisch in Retinal und Retinsäure umgewandelt werden können. Provitamine des Vitamin A sind ß-Carotin und Carotinoide, die über mindestens einen unsubstituierten Ring in ß-Konfiguration verfügen.

Etwa 50 Substanzen sind bekannt, die diese Bedingungen erfüllen. Vitamin A ist in Wasser kaum, in apolaren Lösungsmitteln gut löslich. Als mehrfach ungesättigtes Polyen besitzt Vitamin A eine hohe Empfindlichkeit gegenüber Luftsauerstoff, Licht und Wärme. Durch Oxidation kann es daher inaktiviert werden. Eine höhere Stabilität besitzen die Ester.

Der Zusatz von oxidationsschützenden Substanzen, wie z. B. Vitamin E, kann auch Retinol vor einer Inaktivierung schützen. Die Angabe der biologischen Vitamin-A-Wirkung erfolgt in Internationaler Einheit (I.E.) oder in Retinol-Äquivalenten. Einer I.E. Vitamin A entspricht 0,3 ug Retinol. Nach WHO-Angabe entspricht 1 mg Retinol-Äquivalent (RE) 1 mg Retinol oder 6 mg ß-Carotin oder 12 mg andere als Provitamin A fungierenden Carotinoiden.

Anwendung

Anwendungsgebiete:Therapie und Prophylaxe von klinischen Vitamin-A-Mangelzuständen verschiedener Ursachen, die ernährungsmäßig nicht behoben werden können. Ein Vitamin-A-Mangel kann auftreten bei: Maldigestion und Malabsorption im Rahmen gastrointestinaler Erkrankungen wie Morbus Crohn, Sprue (fieberhafte Erkrankung mit periodisch auftretenden Fettstühlen, Zungenschwund und Blutarmut), ileojejunaler Bypässe, parentaler Ernährung über längere Zeit, Pankreaserkrankungen und Alkoholismus.

Ophtalmologie (Augenheilkunde):

  • Topische (äußerliche)Therapie
  • Zur unterstützenden Behandlung von Vitamin-A-Mangel bedingten atrophischen Zuständen der Horn- und Bindehaut wie Keratomalazie (tiefgehende Entzündung der Augenhornhaut mit allmählicher Hornhauterweichung) und Xerophthalmie (austrocknuns der Binde- und Hornhaut des Auges).
  • Zur unterstützenden Behandlung bei trophischen Störungen der Horn- und Bindehaut mit Mucinmangel bei weitgehend erhaltenem wässrigen Tränenfilm.

Systemische Therapie

  • Behandlung von Vitamin-A-Mangelzuständen des Auges wie Keratomalazie (s.o.), Xerophthalmie (s.o.) und Hemeralopie (Nachtblindheit)

HNO-Heilkunde:

Zur unterstützenden Behandlung bei chronischen Erkrankungen und atrophischen Zuständen (Schwund von Gewebe, Zellen, wobei Gewebestrukturen erhalten bleiben) der Hals- und Nasenschleimhaut, Epipharyngitis sicca (trockene Entzündung des nasalen Abschnitts des Rachenraums), Pharyngitis sicca (trockene Rachenentzündung), Rhinopathia medicamentosa (durch Medikamente hervorgerufene Nasenerkrankung) und Ozaena (chronische Erkrankung der Nasenschleimhaut mit Absonderung eines übelrichenden Schleims).

Verwendung bei Schwangerschaft und Laktation:

Im Dosisbereich von 5000 bis 10000 I.E. Vitamin A/Tag, entsprechend 3 mg (bei maximal 3000 I. E. als Einzeldosis), sollten Schwangere sich genau an die Dosieranleitungen halten. Dosierungen von über 10000 I.E. sind während der Schwangerschaft wegen des möglichen teratogenen Risikos kontraindiziert. Dosen von über 25000 I.E. /Tag, entsprechend 8-10 mg sollten bei Frauen im gebährfähigen Alter ohne zuverlässigen Konzeptionsschutz nicht verordnet werden.

Dosierung und Art der Anwendung:

  • Systemische Gabe als Emulsion, Suspension, Tropfen, Lösungen, Kapseln, Tabletten, Dragees, Injektionslösungen zur Vitaminsubstitution.

Altersgruppe: Prophylaxe Therapie

  • Kinder 1-3 Monate 3000 IE/ 900 ug 6000 IE/ 1800 ug
  • Kinder 1-3 Jahre 6000 IE/ 1800 ug 12000 IE/ 3600 ug
  • Kinder 4-6 Jahre 10000 IE/ 3000 ug 25000 IE/ 7500 ug
  • Kinder 7-10 Jahre 15000 IE/ 4500 ug 50000 IE/ 15000 ug
  • Jugendliche 11-17 Jahre 20000 IE/ 6000 ug 100000 IE/ 30000 ug
  • Erwachsene (weiblich, unter Ausschluss 25000 IE/ 7500 ug 125000 IE/ 37500 ug einer Schwangerschaft)
  • Erwachsene (männlich) 30000 IE/ 9000 ug 150000 IE/ 45000 ug

Topische Anwendungen am Auge:

  • wässrige Zubereitungen: dreimal täglich, in besonderen Fällen auch stündlich, 1 Tropfen einer Lösung mit 1000 I. E. Vitamin A/ml in den Bindehautsack eintropfen.
  • Augensalbe: dreimal täglich einen 1 cm langen Salbenstrang einer Augensalbe mit 250 I.E. Vitamin A/g in den Bindehautsack einstreichen.
  • Topische Anwendungen an der Nase:
  • Mehrmals täglich 2-4 Tropfen Nasenöl (z. B. mit 15000 I.E. Retinolpalmitat pro ml) in beide Nasenöffnungen bei zurückgebeugtem Kopf eintropfen.

Hinweise

Bei systemischer Therapie sowie bei lokaler Therapie im HNO-Bereich sind Risiken einer chronischen Intoxikation sowie insbesondere das Risiko möglicher teratogener Wirkungen zu beachten.

Gegenanzeigen:

  • Überempfindlichkeit gegen einen der Bestandteile der galenischen Formulierungen.
  • Therapie mit Retinsäure und ihren Derivaten.
  • Hirndrucksteigerung verschiedener Genese.
  • Für die Schwangerschaft, vor allem die Frühschwangerschaft, besteht eine relative Kontraindikation. Frauen im gebährfähigen Alter und bei Schwangerschaft müssen wegen der teratogenen Wirkungen besondere Dosierungsrichtlinien berücksichtigen (siehe Anwendung).
  • Ophthalmika enthalten im allgemeinen Konservierungsstoffe, die zu Geschmacksirritationen oder Allergisierung führen können.
  • Vitamin E ist ein fettlösliches Antioxidans, das den oxidativen Abbau von Vitamin A im Magen verhindert und zur Speicherung von Vitamin A in der Leber notwendig ist.
  • Zink ist zur Proteinsynthese erforderlich und wirkt dadurch indirekt auf den Vitamin-A-Metabolismus ein.
  • Orale Kontrazeptiva erhöhen den Serumspiegel des retinolbindenden Proteins und dadurch den Retinolspiegel.
  • Die Injektion von Wachstumshormon führt zu einem Absinken des Vitamin-A-Spiegels im Serum.
  • Tetrazykline können additiv zum Vitamin A zu einer Hirndrucksteigerung führen.
  • Neomycin hemmt die Vitamin-A-Resorption.
  • Es besteht die Gefahr einer Hypervitaminose A bei gleichzeitiger Retinsäure-Therapie und bei Gabe ihrer Derivate. Aus diesem Grund sollten Vitamin-A-Substitution und Retinsäure-Therapie nicht miteinander kombiniert werden.
  • Die Anwendung von Augensalbe beeinflußt durch Schleiersehen die Sehleistung und somit das Reaktionsvermögen im Straßenverkehr oder bei der Bedienung von Maschinen.
  • Vitaminverluste durch Hitze oder Licht in Gegenwart von Sauerstoff

Literatur

  • Bundesanzeiger
  • Prof. Dr. K. Klein, Vitamine, Schneider-Verlag Hohengehren, 1996

Lateinische und sonstige Namen

  • Retinol
  • ß-Carotin
  • Beta-Carotin

Nebenwirkung

Empfehlungen [Äquivalent]:

  • bis 1 Jahr: 0,5 – 0,6 mg
  • 1 – 10 Jahre: 0,6 – 0,8 mg
  • 10 – 15 Jahre: 0,9 – 1,1 mg
  • 15 Jahre: 0,8 – 1,1 mg
  • Schwangere: 1,1 mg
  • Stillende: 1,8 mg

1 Retinoläquivalent = 1 mg Retinol oder 6 mg ß-Carotin oder 12 mg andere Carotinoide- Provitamine

Präparate

  • Multivitol A-Z
  • HERMES Multivit
  • Bad Heilbrunner Multivitamine plus Mineralien plus Spurenelemente Kautabletten
  • Bad Heilbrunner A C E plus Selen Kautabletten
  • Bad Heilbrunner Carotin C E Kapseln
  • Carotin CE-Zellschutz-Kapseln mit Selen (Renatura)

Vorkommen

Provitamin A (Carotinoide) sind u. a. in Möhren, Spinat, Tomaten, Kopfsalat, Brokkoli, Grünkohl, Chicorée, Rosenkohl, Aprikosen, Kaki, Honigmelonen und Mango enthalten. Pflanzliche Produkte sind keine Vitamin-A-Quellen. Vitamin A (Retinol, Retinylester) ist in Fleisch, Leber, tierischem Fett, Eigelb, Milch, Milchprodukten, Käse und Fischen enthalten. Insgesamt gelten Leber, Milch und Butter als Hauptquellen für Vitamin A in der Ernährung. Säuglinge erhalten ihren Bedarf direkt durch die Muttermilch.

Wirkung

Pharmakologische Eigenschaften, Pharmakokinetik, Toxikologie:

Retinol wird von den Zielzellen aufgenommen und nach Bindung an zytoplasmatische Rezeptoren in den Kern transportiert, um nach Bindung an kernnahe Rezeptoren Proteinsynthese-Leistungen zu beeinflussen. Weiterhin beeinflußt Retinsäure posttranslationale Reaktionen, insbesondere in der Synthese von Mannose und Galaktose enthaltenden Glykoproteinen und Glykolipiden.

Im wesentlichen lassen sich drei Wirkungsbereiche unterscheiden:

1. Somatische Funktionen:

In Form seines Alkohols (Retinol) ist Vitamin A für die Regulation von Wachstum und Differenzierung epithelialer und mesenchymaler Strukturen des Knochengewebes von Bedeutung. Es bestehen Hinweise, dass Vitamin A hinsichtlich dieser Funktion möglicherweise antikarzinogene (Krebsentstehung hemmende) Eigenschaften besitzt.

2. Beeinflussung von Fortpflanzung und embryonaler Entwicklung:

Spermatogenese, Orogenese, Plazentaentwicklung und embryonale Morphogenese.

3. Wirkung auf den Sehprozess:

In Form des Aldehyds (Retinal) ist Vitamin A am Sehvorgang beteiligt; auch andere Sinnesfunktionen (Hören, Schmecken, Riechen) sind von einer ausreichenden Vitamin-A-Versorgung abhängig. Die Regulierung von Zellwachstum und -differenzierung geschieht nach derzeitiger Kenntnis über eine Beeinflussung der Genexpression von Enzymen und Wachstumsfaktoren, die für die regelrechte Entwicklung und Regeneration von Zellen erforderlich sind.

Heilpflanzen-Lexikon: Buchstabe V